Vom Cover blinzelt uns in der spitzen Feder eines Füllfederhalters das fröhliche Gesicht eines Mädchens zu. Ist das Titelheldin Lydia? Das Bilderbuch „Lydia“ von Kätlin Kaldmaa () fußt auf einer wahren Figur. Lydia Koidula aus Estland war ein außergewöhnliches Mädchen. Wer ihren Namen noch nie gehört hat, weiß nichts von Estland. Das aber wird in dem Buch berücksichtigt. Noch ehe die Geschichte beginnt, erfahren LeserInnen, dass Lydia Gedichte schrieb, welche in Estland jedes Kind liest, welche auch vertont wurden. Es ist auch interessant, einige Hintergründe über Estland zu erfahren. Das kleine Land nämlich hatte unter dänischer, deutscher, polnischer und schwedischer Herrschaft gestanden. Und als Lydia 1843 zur Welt kam, gehörte es zum russischen Zarenreich. Die Menschen sprachen zwar im Alltag estnisch, sollten offiziell indes russisch sprechen. Lydia also „badete“ schon als kleine Kind in vielen Sprachen, in Wörtern und in Geschichten. Sie war klug, doch ein Studium war damals für Frauen nicht möglich. Lydia musste sich ihren Weg bahnen. Sie vertrat schon als Kind manchmal ihren Vater, den Lehrer - hatte schließlich das Unterrichten daheim bei ihren vielen kleinen Geschwistern geübt. Die Kinder mochten ihre „Lehrerin“ - denn sie erzählte ihnen hingebungsvoll Geschichten - sobald alle Rechenaufgaben gelöst waren. Die Geschichten hatte Lydia gelesen, von ihrer Großmutter gehört oder sie dachte sie sich aus. Ja, gute GeschichtenerzählerInnen braucht die Welt. Doch schrieb Lydia ihre Geschichten nicht auf - sie schrieb stattdessen Gedichte. Ihr erstes Buch mit Gedichten erschien 1866 - und einige wurden tatsächlich in das damals neue Schulbuch aufgenommen. Das Bilderbuch für Grundschulkinder - ebenfalls unbedingt für Erwachsene - illustrierte Jaan Rõõmus mit Humor und so scheinbar einfach, dass ich an manchen Stellen Lust bekam, die Bilder in meinem eigenen Stil abzumalen, sie mit den Gedichten zu Postkarten zu gestalten.

Altersempfehlung des Verlags: ab 8 Jahren