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Am Beispiel meines Bruders

Uwe Timm - Am Beispiel meines Bruders

Als Vater und Mutter tot sind - schreibt Autor Uwe Timm (*1940 in Hamburg) ein Büchlein über seinen 16 Jahre älteren Bruder Karl-Heinz, der sich 1942 - gerade einmal 18 Jahre alt - freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte. Der schmale Band - 160 Seiten - erschien im Jahr 2003: „Am Beispiel meines Bruders“.

Ja, Karl-Heinz war blond, blauäugig, 1,85 groß, mit rein-„arischem“ Stammbaum bis zu den Urgroßeltern. Die „Totenkopf“-Division der Waffen-SS nahm ihn sofort. Familie Timm lebte damals in Hamburg - es gab als drittes Kind noch Hanne Lore, die Älteste. Karl-Heinz wurde an die Ostfront geschickt, führte ein sachliches Tagebuch, schrieb einige Briefe nach Hause - er starb nach einer schweren Verwundung im Oktober 1943. Beerdigt wurde er in ukrainischer Erde. Seine Tagebuchnotizen wurden der Familie in einer letzten Feldpostsendung zugestellt.

Nach dem Krieg, in Uwes Kindheit, war der Bruder irgendwie immer anwesend - die Mutter konnte ihn nicht vergessen, der Vater wollte ihn nicht vergessen. Als die Eltern sterben, da erbt Uwe Timm des Bruders karges Tagebuch und dessen Feldpostbriefe. Nun endlich versucht er sich ihm durch das Schreiben zu nähern. Er will Antworten finden auf viele Fragen. Warum beispielsweise hatte der Bruder nicht wie andere Gleichaltrige auf seinen Einberufungsbefehl gewartet, sondern sich freiwillig gemeldet? Wie viel Schuld hat er als Mitglied der Waffen-SS auf sich geladen? Warum hat der Vater diesen Bruder ihm, dem Kleinen, ständig als Vorbild präsentiert? Uwe Timm erzählt - ähnlich wie Bernhard Schlink in „Der Vorleser“ - vom Konflikt der Jugend- mit der Elterngeneration, die unfähig war, sich kritisch mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Ja, Kinder und Enkel der Zeitgenossen des Nationalsozialismus wissen recht viel über die Schrecknisse dieser Zeit - wer aber will sich vorstellen, dass Eltern beziehungsweise Großeltern aktiv beteiligt waren? Das diese zumindest duldeten, was damals geschah. Der nette Opa - der soll ein Nazi gewesen sein? Wer Uwe Timms kunstfertig geschriebenes Buch liest, wird sich mit mehr Aufmerksamkeit dieser Zeit widmen. Ich schloss dieses Buch am Ende sehr nachdenklich und erfüllt.


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